Zwei Quintette, geschrieben von zwei bedeutenden Komponisten in der Reifezeit ihres Schaffens – ein ungewöhnlicher Vorschlag für ein Kammerkonzertprogramm. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Werken, denn auch die Charaktere von Beethoven und Brahms waren extrem unterschiedlich. Der erste – impulsiv und leidenschaftlich, von Schwerhörigkeit geplagt und um das Schicksal seiner Familie besorgt. Der zweite – beständig, plant einen sorglosen Lebensabend in den Vergnügungen der Wiener Parks. Zwei verschiedene Welten – welche Eindrücke wird uns ihre Gegenüberstellung vermitteln?
Das Jahr 1815 brachte große Veränderungen in Beethovens Leben. Er beschloss, das Sorgerecht für seinen Neffen zu übernehmen, da er erkannte, dass die Witwe seines Bruders nicht die richtige Person war, um das Kind zu erziehen. Leider fand sich auch der Komponist selbst nicht in dieser Rolle wieder. Gleichzeitig weisen Musikwissenschaftler darauf hin, dass die letzte Periode seines Schaffens – die persönlichste im Ausdruck und intellektuell tiefgründigste, gleichzeitig mit einer Tendenz zu vielen Neuerungen – zur gleichen Zeit beginnt. Das 1817 geschriebene Streichquintett in c-Moll, op. 104, eine Ausarbeitung eines frühen Klaviertrios, erscheint heute als eines der Werke an der Schwelle zu dieser dramatischen Zeit. Im folgenden Jahr verlor Beethoven sein Gehör vollständig.
Das Quintett von Brahms ist eine Komposition aus dem Jahr 1890 und interessanterweise auch ein Werk aus einem bedeutenden Moment im Leben des Komponisten. Brahms betrachtete es als sein letztes Werk. Es war jedoch kein nostalgischer Abschied, und seine Freunde fanden, dass sein Charakter eher an einen fröhlichen Spaziergang durch den Wiener Prater erinnerte. Nach dem Einwand des Komponisten, dass diese Spaziergänge in Gesellschaft schöner Frauen stattfinden sollten, akzeptierte er diese Assoziation und das Stück ist noch heute als Praterquintett bekannt. Ich habe genug erreicht, sollte Brahms nach der Uraufführung sagen.
Streichquintett c-Moll, Op. 104 von Beethoven interpretiert von Kammermusikern des WDR-Sinfonieorchesters: